Zanshin Kyudo Wallersee
Kyudo ist die japanische Form des Bogenschießens (Kyu = Bogen; Do =
Weg), die mit einem asymmetrischen, ca. 2,20 m langen Bogen ausgeführt
wird. Das japanische Bogenschießen hat sich in der Vorform des heutigen
Kyudo vor rund 1000 Jahren aus den Kriegskünsten (mit ihren
verschiedenen Schulen, den ryu), dem zeremoniellen Schießen an Kaiser-
und Shogun-Höfen sowie aus der religiösen Bedeutung, die der Bogen für
Japaner immer schon hatte (Shinto und Buddhismus), entwickelt.
Der moderne Kyudo, dessen Weiterentwicklung und Wiedererfindung nach
der Meiji-Periode (Auflösung der Samurai-Kaste) im Zuge der
Reorganisation der gesamten Budo-Künste (traditionelle japanische
Kriegskünste) um 1900 erfolgte, hat diese Einflüsse aber in sich
aufgenommen und teilweise verwandelt. Im 20. Jahrhundert ist so ein
ryu-übergreifender Kyudo entstanden, der einzelne Aspekte aus
verschiedenen Schulen integrierte und gleichzeitig genügend Raum ließ
für die Traditionen und Techniken, die in den teilweise sehr alten und
heute noch bestehenden ryu bewahrt und gepflegt werden. Ausdruck dessen
ist im heutigen Kyudo die Gleichwertigkeit von shomen- und shamen-Stil
(sho = Heben des Bogens in der Körpermitte; sha = Heben des Bogens auf
der linken Seite), die auf unterschiedliche Schultraditionen
zurückgehen.
Da der kriegerische Aspekt der Selbst-Verteidigung aus dem japanischen
Bogenschießen ganz verschwunden ist, wird heute großen Wert auf die
Selbst-Entwicklung der Schützinnen und Schützen gelegt. Aus der bloßen
Fertigkeit, gut zu schießen (kyujutsu), ist ein Weg des Bogens
geworden: Die einzelne Persönlichkeit wächst und verändert sich in der
manchmal mühevollen Übung.
Geduld, Achtsamkeit, Freundlichkeit (mitunter ein herzliches
Gelächter), gegenseitige Unterstützung und Hilfsbereitschaft – aber
auch Disziplin im Üben und im Miteinander sind dabei das Thema und
helfen, die Schwierigkeiten des Weges gemeinsam zu bewältigen.
Der Kyudo, wie er im Salzburger Dojo gelehrt wird, zielt auf die
Vereinigung zweier unterschiedlicher Komponenten ab: Einerseits wird
die technische Fertigkeit geschult und gefördert. Andererseits müssen
die Dojoetiquette, die allgemeinen Bewegungen im Dojo und die
Choreographien des gemeinsamen zeremoniellen Schießens (taihai und
sharei) ebenso erlernt und gepflegt werden. Unterrichtet wird der
shomen-Stil nach den Richtlinien der All-Nippon-Kyudo-Federation (ANKF).
Kyudo kann von Frauen und Männern jeden Alters ausgeübt werden. Eine
gute körperliche Kondition ist natürlich immer günstig; sie ist aber
nicht unbedingt eine Voraussetzung. Reine Muskelkraft ist nicht
erforderlich: Kyudo ist kein Konditions- oder Ausdauertraining. Die
Übung spielt sich eher im Bereich der Körperkoordination und auf der
mentalen Ebene ab. Wichtiger ist die Bereitschaft, sich dem Thema
ernsthaft zu stellen (heijoshin).
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Letzte Änderung: 2022.01.09 by wir